Opel Kadett B (1965 – 1973) – der kompakte Sportler

1965: Die „Maple Leaf Flag“ wird als neue Flagge Kanadas eingeführt. Der erste kommerzielle Nachrichtensatellit „Early Bird“ startet in den Weltraum. Der Mont-Blanc-Tunnel, mit 11,6 Kilometern der längste Straßentunnel der Welt, wird eröffnet. Stephanie von Monaco kommt zur Welt. Franz Beckenbauer macht beim Qualifikationsspiel gegen Schweden sein erstes Länderspiel. „Help!“, das fünfte Album der Beatles, kommt auf den Markt. Der Kadett B löst den Kadett A ab.

Opel Kadett B in der Stufenheck Version (Foto: Opel)
Opel Kadett B in der Stufenheck Version (Foto: Opel)
Sportliche Rundinstrumente im Opel Kadett B (Foto: Opel)
Sportliche Rundinstrumente im Opel Kadett B (Foto: Opel)
Der neue Opel Kadett B wird als Platzwunder angepriesen und soll diesen Vorteil gegenüber dem VW Käfer ausspielen (Foto: Opel)
Der neue Opel Kadett B wird als Platzwunder angepriesen und soll diesen Vorteil gegenüber dem VW Käfer ausspielen (Foto: Opel)

Fakten Modellgeneration:

Baureihe    Opel Kadett B

Produktionszeitraum    1965–1973

Stückzahl    2,6 Millionen

Karosserievarianten

  • Zweitürige Limousine
  • Viertürige Limousine
  • zwei- und viertüriges Fließheckmodell (LS)
  • Dreitüriger Caravan
  • Fünftüriger Caravan
  • Zweitüriges Coupé
  • Zweitüriges LS Coupé
  • Zweitüriger Rallye Kadett
  • Zweitüriger Rallye LS Kadett
  • Olympia zweitürig und 
viertürig und Coupé

Motorisierungen    Benziner: 1.1/45 PS, 1.1/55 PS, 1.1/60 PS, 1.2/60 PS, 1.7/75 PS, 1.9/90 PS

Besonderheiten

  • Ab 1968 auch mit Automatikgetriebe erhältlich
  • Erster hubraumstarker Kompaktsportler

Eine Nummer größer

Mit 2,6 Millionen produzierten Modellen von September 1965 bis Juli 1973 ist der Kadett B ein Stückzahl-Millionär. Die Modellvielfalt ist beispielhaft. Und mit dem Rallye-Kadett besetzt Opel die Nische der erschwinglichen Kompaktsportler.

Wer A sagt, muss auch B sagen – 1965 löst eine neue Baureihe, intern mit dem zweiten Buchstaben des Alphabets bezeichnet, den ersten in Bochum gebauten Kadett ab. Der Neue misst über vier Meter und ist damit eine ganze Nummer größer geraten. Neben der Limousine sind gleich zum Start Caravan und Coupé verfügbar.

Der Opel Kadett B Caravan bietet noch viel mehr Platz (Foto: Opel)
Der Opel Kadett B Caravan bietet noch viel mehr Platz (Foto: Opel)

Bei dessen modischer Linienführung ließen sich die Designer von ihren Kollegen aus Übersee inspirieren: Das flach abfallende Heck erinnert an die Fastback-Modelle aus den USA und signalisiert „Kraft und Geschwindigkeit schon, ehe man den Motor vernommen hat“, so die „Automobil Illustrierte“ 1966. Ein besonderes Stilelement sind die drei Lüftungsschlitze in den C-Säulen, die dem Zweitürer bald den Spitznamen „Kiemen-Coupé“ bescheren.

In der Werbung verteilt Opel auch gerne mal einen Seitenhieb auf den Wettbewerber in Wolfsburg (Abb. Opel)
In der Werbung verteilt Opel auch gerne mal einen Seitenhieb auf den Wettbewerber in Wolfsburg (Abb. Opel)

Analog zur Länge wachsen die PS-Zahlen. Die Opel-Ingenieure vergrößerten die Bohrung des Vierzylinders um drei Millimeter: Das nun 1.078 cm3  große Basisaggregat leistet jetzt 45 PS. Alternativ ist der höherverdichtete 1.1 S-Motor mit 55 PS erhältlich.

Schnell wird der Kadett zum Erfolg: Allein bis Ende 1965 laufen in Bochum mehr als 87.000 Limousinen und 18.200 Caravan von den Fließbändern. Bis zum Produktionsstopp im Juli 1973 belegt das Modell zeitweise den ersten Platz in der deutschen Zulassungsstatistik. Der Erfolg ist aber bei weitem nicht auf das Geburtsland beschränkt: 1966 erreicht der Exportanteil 50 Prozent. Der Kadett wird in 120 Ländern rund um den Globus verkauft.

Werbefoto für den Opel Kadett B: Das Fahrzeug für die moderne, junge Generation (Foto: Opel)
Werbefoto für den Opel Kadett B: Das Fahrzeug für die moderne, junge Generation (Foto: Opel)

Die Beliebtheit hat viele Ursachen – eine davon ist die maßvolle Preispolitik: Der Grundpreis verteuert sich gegenüber dem Vorgänger nur um 100 Mark. Und: Mit dem Rallye-Kadett besetzt Opel ab November 1966 die Nische der erschwinglichen Kompaktsportler. Das mit mattschwarzer Motorhaube und Zierstreifen optisch markante Coupé ist zunächst mit einer 60 PS starken Zwei-Vergaser-Version des 1,1-Liter-Motors zu haben und ab 1967 sogar mit einem 1,9-Liter-Aggregat. Anfangs gewöhnungsbedürftig, später ein Markenzeichen ist die auffällige Lackierung.

Die wichtigsten Innovationen:

Die Ausweitung der Modellpalette um den hubraumstarken 1,9-Liter-Motor, die Luxusversion Olympia und das erstmals lieferbare Automatikgetriebe tragen zum Erfolg des Kadett B bei.

Rightsizing:

Der Kadett B ist der erste Kompaktwagen mit hubraumstarkem Motor: Ab September 1967 treibt der 90 PS starke 1,9-Liter-Vierzylinder aus dem Rekord den Rallye-Kadett an und beschleunigt das mit einem modifizierten Fahrwerk ausgestattete Coupé auf bis zu 170 km/h. Damit wird Motorsport für viele erschwinglich.

Neue Klasse:

Als Limousine ist der Typ B der erste Kadett, der offiziell ein Fünfsitzer ist. (Das Coupé ist weiterhin nur für vier Personen zugelassen.) Insgesamt hat der Neue in den Abmessungen stark zugelegt. Gegenüber dem Vorgänger fällt die Karosserie 18 Zentimeter länger und zehn Zentimeter breiter aus. Das Größenwachstum kommt dem Innenraum zugute: „Die Komfortmaße haben beachtlich zugenommen. So wurden unter anderem die hintere Hüftbreite um 206mm, die Schulterbreite vorn um 90 mm und hinten um 73 mm größer. Das Kofferraum-Staumaß wuchs um rund 12 Prozent auf 337 Liter (VDA-Norm)“, betont die Opel-Presseabteilung.

Luxusversion:

Ein Premiumanspruch in der Kompaktklasse ist nichts Neues, denn vor über 40 Jahren hat Opel mit der Luxusversion Olympia bereits ein entsprechend höher positioniertes Modell vorgestellt. „Der Olympia ist die konsequente Anwendung der erfolgreichen Kadett-Konzeption nach oben“, erläutert die Pressemappe damals, „bei gleich kompakten Außenabmessungen überzeugt der Olympia durch hohe Fahrleistungen und einen außergewöhnlichen Ausstattungs- und Fahrkomfort.“ Von September 1967 bis August 1970 finden über 80.000 Olympia A einen Käufer. Zur aufgewerteten Ausstattung der luxuriösen Coupés – erhältlich mit 60, 75 und 90 PS– zählen unter anderem spezielle Noppenteppiche und eine gepolsterte Armaturentafel „mit Edelholzcharakter“. Ein modifizierter, um die Kotflügel herumgezogener Kühlergrill mit Chromleisten, rechteckig eingefasste Frontscheinwerfer und größere Seitenscheiben hinten (möglich durch den Entfall der kiemenartigen Belüftungsschlitze) stellen die optischen Aufwertungen im Exterieur dar.

Elektrik:

Der Typ B ist der erste Kadett mit 12-Volt-Bordnetz. „Sehr begrüßenswert ist die Umstellung auf 12 Volt, so dass von den tonangebenden Marken jetzt nur noch VW, Ford und BMW sich mit 6 Volt in einer gewiss nicht mehr zeitgemäßen Sparsamkeit üben“, so ein zeitgenössischer Test. Die Instrumente im Cockpit sind zudem nicht mehr verdrahtet, sondern besitzen eine gedruckte Schaltung.

Automatikgetriebe:

Ab November 1968 ist der Kadett für 800 Mark Aufpreis auch mit einem Automatikgetriebe lieferbar. Produziert wird der Automat im GM-Getriebewerk in Straßburg/Frankreich. Die Dreistufen-Wandler-Automatik ist zunächst nur mit den hubraumstarken 1,7- und 1,9-Liter-Motoren kombinierbar, aber schon im Jahr darauf können auch Käufer des 1,1-Liter-Kadett mit 60 PS auf manuelle Gangwechsel verzichten.

Modellvielfalt:

Mit dem Kadett B nimmt die Diversifikation der Kompaktklasse bei Opel ihren Anfang: Im Herbst 1967 stehen in dieser Baureihe fünf Motoren mit 45 bis 90 PS und rund ein Dutzend Karosserieversionen samt luxuriöser Olympia- und sportlicher Rallye-Modelle zur Wahl. Unter dem Strich können sich Interessenten zwischen 28 Kadett- und neun Olympia-Versionen entscheiden.

Schnell auf Asphalt und Schotter

Zahlreiche Sporterfolge im In- und Ausland begründen den Ruf des Rallye-Kadett als solidem und preiswertem Wettbewerbsfahrzeug.

Welches Potenzial im Kadett B Coupé als Wettbewerbsfahrzeug steckt, erkennt einer besonders schnell: Hans Beck aus der Opel-Versuchsabteilung baut zusammen mit Dieter Lambart, Mitarbeiter eines Stuttgarter Opel-Händlers, ein rallyetaugliches Kiemen-Coupé auf. Schon im Januar 1966 landen beide damit bei der Rallye Monte Carlo auf dem 15. Platz in der Gesamtwertung und dem dritten Platz in ihrer Klasse. Kein Eintageserfolg des Neulings: Unmittelbar danach wird der Kadett Klassensieger bei der ADAC-Winter-Zuverlässigkeitsfahrt, und Ende 1966 holen Beck/Heuser den Gesamtsieg bei der Tour d’Europe.

Rallye Kadett B von Anders Kulläng und Bruno Berglund, 1971 (Foto: Opel)
Rallye Kadett B von Anders Kulläng und Bruno Berglund, 1971 (Foto: Opel)

Mit der Vorstellung des offiziellen Rallye-Kadett im November 1966 setzt Opel diesen sportlichen Erfolg fort und präsentiert damit den Vorläufer einer ganzen Reihe von sportlichen Opel-Kompaktmodellen einschließlich des heutigen Astra OPC. Schier endlos ist die Liste der Siege: Der gleichermaßen zuverlässige wie preiswerte Rallye-Kadett feiert Erfolge bei der Rallye Stuttgart-Lyon-Charbonnières, der Hessen-Rallye, der Rallye Trifels und der Tour de Luxembourg. Opel-Tuner Günther Irmscher gewinnt 1967 die Tour d’Europe. Im selben Jahr feiert der Kadett den bis dahin größten Erfolg: Das Team Lambart/Vogt wird Klassensieger bei der Rallye Monte Carlo.

Wie beliebt und erfolgreich der Rallye-Kadett im Motorsport jener Zeit ist, beweist die Statistik des Jahres 1968: Bei insgesamt 238 Veranstaltungen entfallen auf dieses Modell 222 Klassensiege sowie 345 Gold- und 287 Silbermedaillen.

Technische Daten:

Karosserie und Fahrwerk:
Aufbau-/Chassis-Konstruktion    Selbsttragende Ganzstahl-Karosserie
Vorderradaufhängung    Wartungsfreie Einzelradaufhängung mit Doppel-Querlenkern
Vorderradfederung/-dämpfung     Elastisch befestigte Querblattfeder (Weitspalt-Halbfeder), Teleskop-Stoßdämpfer
Hinterradaufhängung    Zentralgelenk-Hinterachse
Hinterradfederung/-dämpfung    Blattfedern (ab 1967 Schraubenfedern), Teleskop-Stoßdämpfer
Lenkung, Bauart    Zahnstangenlenkung
Räder, Bauart     Stahlscheibenräder, 4J x 12 und 41/2 J x 13
Reifen, Dimension (Basis)    5.50 x 12 und 1.55 x 13

Maße und Gewichte:
Limousine
Länge/Breite/Höhe mm     4105 x 1573 x 1400
Radstand mm     2416
Spurweite vorn/hinten mm     1250/1280
Leergewicht kg     745–785

Coupé und L-Limousine
Länge/Breite/Höhe mm    4182 x 1573 x 1405
Radstand mm    2416
Spurweite vorn/hinten mm    1250/1280
Leergewicht kg     745–785

Kadett B LS 2-/4-türig
Länge/Breite/Höhe mm    4182 x 1573/1614 x 1400
Radstand mm    2416
Spurweite vorn/hinten mm     1250/1280
Leergewicht kg     755

Kadett B  LS Coupé 2-türig
Länge/Breite/Höhe mm     4182 x 1573 x 1405
Radstand mm     2416
Spurweite vorn/hinten mm     1250/1280
Leergewicht kg     755

Rallye Kadett  B LS 2-türig
Länge/Breite/Höhe mm     4182 x 1573 x 1405
Radstand mm     2416
1250/1280
Leergewicht kg     780

Caravan Normal-Ausstattung 3-/5-türig
Länge/Breite/Höhe mm     4100 x 1573/1614 x 1395
Radstand mm     2416
Spurweite vorn/hinten mm     1250/1280
Leergewicht kg     850/870

Caravan „L“-Ausstattung 
3-/5-türig
Länge/Breite/Höhe mm     4177 x 1573/1614 x 1395
Radstand mm     2416
Spurweite vorn/hinten mm     1250/ 1280
Leergewicht kg      855/875

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