Opel Kadett C (1973 – 1979) – der Vielseitige
1973: Über eine Milliarde Menschen auf der Welt verfolgen Elvis Presleys Konzert auf Hawaii. George Foreman schlägt Joe Frazier und wird neuer Box-Weltmeister im Schwergewicht. Die Rockgruppe Pink Floyd veröffentlicht das Album „Dark Side of the Moon“. Der letzte US-Soldat verlässt Vietnam. Das World-Trade-Center in New York wird eröffnet. Carl Gustav XVI. wird zum König von Schweden gekrönt. Allgemeines Sonntagsfahrverbot in Deutschland wegen der ersten Ölkrise. Der Kadett C startet im August.
Fakten Modellgeneration:
Baureihe Opel Kadett C
Produktionszeitraum 1973–1979
Stückzahl 1,7 Millionen
Karosserievarianten
- Zwei- und viertürige Limousine
- Dreitüriges Kombimodell (Caravan)
- Zweitüriges Coupé/rallye/GT/E
- Dreitüriges Fließheckmodell (City)
- Zweitürige Cabriolimousine (Aero)
Motorisierungen Benziner: 1.0/40 PS; 1.2/52 PS, 1.2/60 PS, 1.6/73 PS, 1.6/75 PS, 1.9/105 PS, 2.0/110 PS, 2.0/115 PS
Besonderheiten Letztes Opel-Kompaktmodell mit Heckantrieb
Der Vielseitige
Adrettes Familienauto, schicker Zweitwagen mit praktischer Heckklappe oder antrittsstarker Breitensportler in Kriegsbemalung: Die Familie des Kadett C hat viele Gesichter. Insgesamt 1,7 Millionen Modelle werden von 1973 bis 1979 produziert.
Mit einer klar gezeichneten Karosserie und einer neuen Doppelquerlenker-Vorderachse debütiert im August 1973 der heckgetriebene Kadett C. Charakteristische Designmerkmale sind der flache Kühlergrill, die Motorhaube mit der markentypischen Bügelfalte sowie die zum Spoiler ausgebildete Frontschürze. Insgesamt 18 Karosserie- und Motorvarianten stehen beim Start zur Verfügung, darunter Limousine, Caravan und Coupé sowie die bewährten CIH-Motoren mit der seitlich im Zylinderkopf liegenden Nockenwelle.
Ein Auto, „das sich nicht nur erfreulich gut fährt, sondern auch gewissenhaft konstruiert und sauber verarbeitet ist, das außerdem wartungs- und reparaturfreundlich und wirtschaftlich im Unterhalt ist“, loben die Tester von „Auto, Motor & Sport“ in Ausgabe 20/73.
Funktionell wie die Karosserie ist auch der Innenraum gestaltet. „Nimmt man Platz im neuen Kadett, fallen zunächst die klar und sauber gezeichneten Rundinstrumente sowie die der internationalen Norm angepassten Warnleuchten ins Auge“, notiert Werner Müller in der „Autozeitung“, Ausgabe 22/73.
„Kadett City“ heißt im Mai 1975 eine neue Karosserievariante. Mit diesem dreitürigen Schrägheckmodell mit großer Heckklappe präsentiert Opel eine Version mit besonders großem Alltagsnutzen. Doch auch am anderen Ende der Modellpalette tut sich was. „Leute, haltet eure Hosen fest, der neue Kadett GT/E ist in 9,8 Sekunden auf 100! Womit wieder mal bewiesen wäre, dass Opels Hosenträger die schnellsten sind“, formulieren markig-selbstironisch die Werbetexter. Auf der IAA 1975 debütiert der bärenstarke GT/E. Sein 1,9-Liter-Motor mit L-Jetronic-Einspritzung von Bosch leistet 105 PS und ist bei nur rund 900 kg Leergewicht für 184 km/h gut. Umstritten ist die Kriegsbemalung: Oberhalb der Gürtellinie ist der GT/E Quietschgelb, darunter Schwarz.
Nicht nur junge Führerscheinbesitzer träumen vom GT/E: Hinter dem Steuer der Sportversion nehmen ab 1976 bekannte Werksfahrer Platz. Walter Röhrl und Rauno Aaltonen sind mit bis zu 225 PS starken GT/E bei der Rallye Monte Carlo und der Portugal-Rallye erfolgreich – in jenem Jahr erringt Opel im Gesamtklassement der Marken-Wertung den zweiten Rang.
Die wichtigsten Innovationen:
Konventionell ist nur der Heckantrieb: Mit seiner breiten Diversifikation der Modellpalette inklusive City und Aero sowie moderner Antriebstechnik legt der Kadett C die Messlatte hoch.
Dreipunkt-Gurte
Als erster Kadett verfügt die Baureihe beim Start 1973 über Dreipunkt-Gurte auf den Vordersitzen mit Anbindungspunkten an der B-Säule unten und oben sowie am Gurtschloss. Eine lebensrettende Sicherheitsausstattung: 1985 wählte das Deutsche Patentamt den Dreipunkt-Sicherheitsgurt als eine von acht Erfindungen aus, die der Menschheit in den letzten 100 Jahren den größten Nutzen brachten. Wie stark das Sicherheitsbewusstsein im Laufe der 70er gestiegen ist, zeigte 1974 das Opel-Forschungsauto OSV 40 auf Kadett-Basis.
Einspritzung
Statt mechanischer Vergaser übernimmt beim GT/E (ab 1975) die L-Jetronic-Einspritzung von Bosch die Gemischbereitung. Wie viel Kraftstoff in das Saugrohr eingespritzt wird, hängt hierbei von der angesaugten Luftmenge ab, die elektronisch gemessen wird.
Neues Fahrwerk
Größte technische Innovation ist die neue Doppelquerlenkerachse mit Schraubenfedern vorn. Ein Stabilisator ist bei allen Versionen serienmäßig, ebenso Gürtelreifen rundum. Die Spur fällt 20mm breiter aus als beim Vorgänger, was dem Handling zugute kommt.
Weltkarriere
Der Kadett C rollt nicht nur in Bochum/Deutschland vom Fließband. Produziert wird er als Chevette ebenso bei Vauxhall in Großbritannien. Darüber hinaus wird er auch in den USA, Kanada, Australien, Argentinien und Brasilien mit leicht überarbeiteter Karosserie und einer den lokalen Verhältnissen angepassten Technik gebaut. 1980 kehrt der Kadett C als Einstiegsversion Vauxhall Chevette auf den deutschen Markt zurück und bleibt bis April 1982 im Programm.
Vierventiltechnik
Auf der IAA 1975 debütiert ein Sportmotor mit flachen Schmiedekolben, Kugelfischer-Benzineinspritzung und zwei Nockenwellen. Die Höchstleistung dieses Motors liegt bei über 200 PS, eingesetzt wird er im Kadett mit Vierventilkopf erstmals bei der Portugal-Rallye 1976. 1978 untersagt das Reglement die Verwendung spezieller Zylinderköpfe in der Gruppe 2, was zunächst das Aus für diesen Motor bedeutet. In vielen konstruktiven Details entspricht später das Aggregat des Ascona 400 (1979) diesem Vierventiler.
Fünfgang-Getriebe
Mit fünf statt der üblichen vier Gänge ist ab 1977 serienmäßig der Kadett GT/E mit 115 PS starkem Zwei-Liter-Motor ausgestattet. Von dieser so genannten 1.000er-Serie des Kadett GT/E gab es tatsächlich 2.234 Fahrzeuge. Geplant waren für die Homologation im Motorsport zwar nur 1.000 Stück. Da diese Menge aber bereits Ende April 1978 verkauft war, produzierte Opel ab Juni 1978 zwei weitere Auflagen. Identifizieren lassen sich echte 1000er-Coupés unter anderem an dem im Kofferraumboden eingeprägten „X“.
Targaversion
Ein innovatives Karosseriekonzept kennzeichnet den Kadett Aero: Nur 1.242-mal entsteht diese Targaversion zwischen 1976 und 1978 beim Stuttgarter Karosseriespezialisten Baur. Das Mittelteil des Dachs kann mit wenigen Handgriffen demontiert und im Kofferraum deponiert werden. Das Faltverdeck hinter dem massiven Überrollbügel lässt sich unter einer Plane verstauen. Mit seinem ungewöhnlichen Targa-Konzept und dem schrillen 70er-Jahre Interieur mit Karostoff ist der Aero bei Youngtimer-Freunden einer der begehrtesten Kadett C überhaupt.
Seriennahe Sicherheitsstudie
Die Außenhaut der Sicherheitsstudie „OSV 40“ ist weitgehend mit der des Kadett C identisch. Unter dem Blech verbessern Verstärkungen den Unfallschutz.
1974 präsentiert Opel das Sicherheitsauto „OSV 40“, einen seriennahen Versuchsträger auf Kadett-Basis mit kompakten Abmessungen und geringem Gewicht. Stabile Längs- und Querprofile sowie verstärkte Türen und Schweller schützen die Passagiere bei Kollisionen oder Überschlägen. Energieverzehrende Kunststoff-Stoßfänger verzeihen Parkrempler bis 5 km/h.
Das Fahrzeug war für einen frontalen Aufprall auf ein festes Hindernis mit einer Geschwindigkeit von 65 km/h ausgelegt. Das entspricht einem Aufprall mit 40 Meilen pro Stunde – daher die Zahl „40“. Opel hat damit gezeigt, dass ein Optimum an passiver Sicherheit nicht nur mit großen und schweren Fahrzeugen zu realisieren ist, sondern auch bei kompakten und leichteren. Das Experimentalfahrzeug blieb mit 960 Kilogramm noch deutlich unter der Marke von einer Tonne.
Erkenntnisse aus Entwicklung und Erprobung des OSV 40 flossen schon wenig später in die Serienfertigung der anstehenden neuen Modelle ein (Ascona und Manta B, 1975). Insgesamt waren alle Experimentalfahrzeuge der siebziger Jahre wichtige Ideenträger für die Arbeit der Automobilingenieure. Darüber hinaus trug ihre relativ hohe Präsenz in der Öffentlichkeit zu einem sich langsam verändernden Bewusstsein der Autofahrer bei. Waren zuvor Sicherheit und Unfallgeschehen als Tabu-Themen weithin ausgeblendet, begannen Autokäufer passive wie aktive Sicherheitselemente verstärkt in ihre Kaufentscheidungen einzubeziehen.
Technische Daten:
Karosserie und Fahrwerk:
Aufbau-/Chassis-Konstruktion Selbsttragende Ganzstahl-Karosserie
Vorderradaufhängung Einzelradaufhängung mit Doppel-Querlenkern
Vorderradfederung/-dämpfung Schraubenfedern, Teleskop-Stoßdämpfer, Stabilisator
Hinterradaufhängung Zentralgelenk-Hinterachse mit zwei Längslenkern
Hinterradfederung/-dämpfung Schraubenfedern, Teleskop-Stoßdämpfer, Stabilisator
Lenkung, Bauart Gedämpfte Zahnstangenlenkung
Räder, Bauart Stahlscheibenräder, 4J x 12 und 5 J x 13
Reifen, Dimension (Basis) 6.00 x 12
Maße und Gewichte:
Limousine 2-/4-türig
Länge/Breite/Höhe mm 4124 x 1570/1580 x 1375/1370
Radstand mm 2395
Spurweite vorn/hinten mm 1300/1301
Leergewicht kg 765–805
Coupé
Länge/Breite/Höhe mm 4124 x 1580 x 1335
Radstand mm 2395
Spurweite vorn/hinten mm 1300/1301
Leergewicht kg 765–805
City
Länge/Breite/Höhe mm 3893 x 1570 x 1380
Radstand mm 2395
Spurweite vorn/hinten mm 1300/1301
Leergewicht kg 795–810
Caravan/Caravan „L“ und Berlina
Höhe/breite mm 1385/1580
Länge mm 4138/4140
Radstand mm 2395
Spurweite vorn/hinten mm 1300/1299
Leergewicht kg 800–835
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